SwissGameHub eröffnet neu in Oerlikon, Chancen und Risiken

Roland AmeisenSchmöcker

Der SwissGameHub entstand als BottomUp-Projekte von 3-4 Studios und ist stetig gewachsen. Nun ist er umgezogen nach Oerlikon in eine Halle der Stadt in Zwischennutzung. Der Preis für die Miete ist niedrig für die 2’500 m2 (siehe von Aesch im Interview). Ab 2030 wird hier ein neues Quartier mit Wohnungen etc gebaut.

Kurz und gut: Für einmal hat es sich der BottomUp-Aufbau gelohnt und die Stadt unterstützt diesen auf GameBusiness ausgerichteten Hub. Mehr zur Einreichung des Antrags, Unterstützungen und einem abgesagten Museum für Games findet sich hier >

Der Wille zur Gestaltung der analogen Welt oder der ordinäre Co-Workspace


Die Halle selbst hat sich dabei nicht wirklich verändert. Denn schon davor war der Raum ein von der ABB oder Untermieter(?) bewirtschafteter CollabSpace. Er sah de facto vor Bezug gleich aus wie heute. Das hatte auch damit zu tun, dass der SwissGameHub konnte alle Möbel übernehmen konnte. Es sieht – sorry ein bisschen trostlos aus. Ein Labyrinth. Auch in diesem Raum ist die Kreativität leider in der Tradition der Gameentwicklung anscheinend nach Innen ins Digitale gerichtet. Damit erfüllt man das eigene Klischee vom „die brauchen nur Bildschirme“ leider allzu gut. Anders gesagt: Es könnte irgend ein Collabspace sein. Die Macher müssen sich sagen: unsere Welten liegen im Digitalen. Warum dennoch keine virtuellen Welten in Endlosschleife laufen, lässt sich nur historisch erklären. Dies ist von aussen gesehen einfach zu wenig Repräsentation für die GameWelten, die ja bekanntlich keine Repräsentation im Analogrealen haben. Man produziert für die Welt, so war der Claim schon in den 80er Jahren und nicht fürs Lokale. Leider muss der Space hier noch massiv aufrüsten. Gerade weil dieser Space zum Sinnbild des aufstrebenden GameDesigns geworden ist und nun eine Vorzeigefunktion hat.

Opening

Die Eröffnung war – soweit berichtet wurde – sehr gut besucht und alles, was Rang und Namen hatte ist erschienen. Letztlich ein Grund zum Feiern: Das Digitale hat einen eigenen Raum.

Denn und das muss gesagt werden: Dadurch erreicht die Aufmerksamkeit gerade für den Inkubator/Business-Bereich des Gamedesigns der Schweiz neue Höhen. Denn prinzipiell sind bis anhin viele der grossen in Zürich ansässigen GameDevs und Game anhängen Branchen nicht öffentlich sichtbar gewesen. Der SwissGameHub ist nun so ein Ort, auch wenn er nur per Einladung besucht werden kann (soweit bekannt). Es ist also kein öffentlicher Raum.

Ausgenommen sind die stattfindenden Events des Hubs, wie das regelmässige Gamespace (seit mehr als einem Jahrzehnt inzwischen) oder das GameTesting. Anders gesagt: Hier wird gearbeitet und nicht gespielt – das hat in Zürich natürlich Tradition.

Opening Speeches

Die Eröffnungsreden des SwissgameHubs verkauft in guter alter Gamedesign Manier dem Publikum eine Selfmade-Community-Story (was es auch ist): Man ist durch eine harte Zeit gegangen mit Corona, hat dennoch überlebt und steht jetzt hier in dieser Halle. Es wird perfekt verkauft, was die eigene Community, Publikum und natürlich die Zürcher Politik gerne hört. Es ist frech und kokketiert mit der Jugend der Gamescene oder netter: Zürich das Erfolgskonzept. Anders gesagt: Dieses Business ist ein Winnerbusiness einfach mit sehr harten Bandagen. Und der Hub wird dafür sorgen, dass hier gemeinsam noch viel mehr entstehen kann. Einzig die Untertitel der Games und die Auswahl sollten besser werden für eine Pitchingshow oder das Ausghängeschild der Community. Aber vielleicht ist das auch alles zuviel verlang für den Anfang. Aber wie gesagt: Hier handelt es sich um eine gemeinsame Community und ja diese Community kann Stolz sein, was sie hier erarbeitet hat. Applaus.

Und das wurde auch gefeiert. Denn Feiern sind ja auch dazu da, dass sich eine Szene in dem Fall die Zürcher GameDesignSzene treffen kann. Nicht alle Zürcher Gamestudios sind im Hub.

Der SwissGameHub besteht heute zumindest von aussen aus einigen sehr professionell agierenden Studios und sich noch professionalisierenden Studios. Das ist ja auch das Versprechen dieses Raumes und Platzes.

Ökosystem, Rahmenbedingungen und gefährliche Löcher

Die Rahmenbedingungen für ein ausbaubares kleines Entwicklungs- und Businessökosystem sind im Hub gut. Das fängt zuerst einmal an bei den Mieten.

Mieten

Die Preise im SwissGameHub lassen sich sehen. Nicht im Sinn von „sind teuer“ sondern eher im „unteren/untersten“ Segment, wenn man sich so durch die CollabSpace-Scene von Zürich klickt. In diesem Sinn hier sich einmieten, das lohnt sich vermutlich.

Der Vorteil dieser Preise ist natürlich auch ihr Nachteil. Es gibt keinen Grund nicht hier zu sein als GameDev oder kapitalistischer gesagt: Man kommt vermutlich selten billiger unter. Für den Produktionsdruck heisst das, man kann lange hier arbeiten und spürt nicht den konkreten Druck des „Marktes“ – vom teuren Zürich und das kann gerade in einer Industrie wie der Gameindustrie, die radikal brutal funktioniert dann auch dazu führen, jahrelang etwas zu entwicklen, was am Markt chancenlos ist. Aber gerade dies versucht der Hub ja mit internen Programmen zu lösen.

Im Vergleich dazu: Der ETH Technopark erhöht (soweit bekannt) nach 3 oder 5 Jahren die Preise massiv. Dann kann sich jedes Unternehmen überlegen, ob es bleibt. Aus Sicht eines Hubs ist das natürlich wichtig, denn 1. ist der Platz begrenzt (im SwissGameHub eher nicht) und 2. will man auch nicht immer dieselben Personen/Teams unterstützen, während andere – vielleicht talentiertere – draussen bleiben müssen. Beim SwissGameHub scheint es keine solchen „Erneuerungsprogramme“ zu geben. Aber vielleicht kommt dieser Schritt dann ’natürlich‘ von aussen in 5 Jahren.

Developer* und Output

Die Anzahl der Developer soll über 100 sein im Hub. Und hier eine Modellrechnung, bei der es nur um eine Einschätzung geht. (Im Vergleich: der grösste Schweizer Collab-Space soll in Spreitenbach sein mit 5’500 m2.)

Das heisst, man darf davon ausgehen, dass die meisten Studios klein sind von 2-5 Leuten, also im Mittel vielleicht 3.5 Leute haben, was wiederum recht viel ist (wenn man 100% Stellen rechnet). Damit hätten wir etwas 25 Studios im Raum. Geht man davon aus, dass diese Geld für 0.5 bis maximal 2 Jahre haben. So müsste vermutlich der Output bei so 25/1.5 bei 15 Spielen pro Jahr liegen. Sagen wir zwischen 10-20 Spielen pro Jahr sein. Ein Teil der Spiele wird natürlich von den grösseren Studios im Hub bestritten, bleiben aber dennoch etwa 10 Spiele, die produziert werden müssten pro Jahr bei der Grösse dieses Hubs. Von diesen Spielen sind dann vielleicht noch 3 auf 15 erfolgreich.

Anders gesagt, will man, dass dieser Hub in der Grösse fliegt und weitreichende Folgen hat, ist das ganze ein Herkulesaufgabe. Hier kann den Betreibern nur nahe gelegt werden, sich so schnell wie möglich zu professionalisieren. Das heisst Leute anzustellen, die diesen Hub nicht nebenher sondern Hauptamtlich führen und leider die Preise anzuheben. Vielleicht könnte man auch unterscheiden, wer was für ein Projekt macht. Viel Geld verdienen wäre dann – viel Miete zahlen etc.

Es ist aber natürlich zu wünschen, dass das Ganze klappt und die Synergieeffekte (das Wort ist so zu Tode geritten worden) auch im Hub zum Tragen kommen. Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen: Das mag den Hub ja nicht interessieren. Dies ist aber zu kurz gedacht, denn in spätestens 5 Jahren muss der Hub umziehen und dann werden die Mieten sicher steigen müssen.

Löcher im Boden

Das grösste Loch, das sich auftun könnte, ist allerdings die Community selbst. All zu schnell entstehen Blasen und es sind alle nett zueinander, weil ja alle vermeintlich alle im selben Boot sitzen. Weil ja alle dasselbe wollen. Wobei das natürlich nur vordergründig stimmt, denn am Ende geht es ums Geld verdienen (bei den allermeisten Projekten). Und ja da profitiert man von einander. Aber vielleicht kommt es dann auch nicht mehr zu wirklichen Auseinandersetzungen – innerhalb der Teams oder gar des Hubs gerade weil andere Meinung zwar gehört werden, aber eben die Konsequenzen nicht gezogen werden. Und letztlich wird auch die Zukunft zeigen, was mit jenen passiert, die eben sang- und klanglos untergehen. Wird denen bewusst, was passiert oder wollen sie einfach ewig weiter in der Bubble sein, weil es da so schön ist und alle immer über Games reden? Ist irgendwann nicht wichtig, dass noch andere Einflüsse hinzukommen?

Diese Gefahr wird umso grösser, als dass das es eine Exportindustrie ist. Vielleicht täuscht auch hier der Blick von aussen und eine grosse Mehrheit macht Nachfrageprojekte – wer weiss. Die Kunden sind auf jeden Fall im Exportbusiness irgendwo neblig und nicht vor Ort. Hier hilft es selbstverständlich Publisher im Haus zu haben und davon zu profitieren. Aber kommen die Worte auch an bei den Mietern?

Diesen Problemen versucht der SwissGameHub mit ihrem eigenen Inkubator wie auch externen, die sich eingemietet haben, zu umgehen. Ob das allerdings klappt, wird erst die Zukunft weisen.

Ausblick

Es wird sich zeigen, ob das Erschaffen eines so grossen Ökosystem funktioniert. Es bleibt, für den Werkplatz Schweiz zu hoffen. Und es bleibt auch zu hoffen, dass die Mieter* im Gamehub verstehen, in welcher luxeriösen Umgebung sie gerade unterwegs sind und dass das nicht ewig so bleiben wird.

Krasse Kapitalisten würden sagen: Vielleicht verlängert aktuell der SwissGameHub die Leiden junger GameDesigner* noch, indem er die harte Realität mit einem Art SafeSpace hinausschiebt. Hoffen wir, dass alle mit Synergieeffekten fliegen lernen – schön hoch um viel Geld zu verdienen. Es ist dem Enthusiasmus der Macher* und dem Schweizer Werkplatz zu wünschen.

Andere Pressetexte dazu:
https://www.games.ch/swiss-game-hub/artikel/neues-zuhause-schweizer-mkaj/#:~:text=Am%2026.,bei%20nahezu%20sommerlichen%20Temperaturen%20feiern.

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